Einige wertvolle Tipps und Tricks für besseres Tiefkühl-Fleisch

Leicht verderbliche Lebensmittel wie Fleisch oder Fisch einzufrieren, liegt nahe: Man vermeidet Hygienerisiken und Warenverluste. Aber viele Gastro-Kunden sind gegenüber Tiefkühl-Fleisch skeptisch und manchmal zu Recht. Fachjournalist Guido Böhler ist der Sache nachgegangen.

Schlechte Erfahrungen mit Tiefkühl-Fleisch oder -Fisch stammen meistens von falscher Handhabung, besonders dem langsamen Einfrieren oder schnellen Auftauen. Einfrieren muss mit Tempo geschehen: Nur bei raschem Temperatursturz bilden sich die erwünschten Mikro-Eiskristalle. Je kleiner die Kristalle, desto weniger Saft tritt beim Auftauen aus. Umgekehrt schädigen grosse Kristalle die Zellstruktur. Profis verwenden Schockfroster, welche das Fleisch in zwei Stunden von Null auf –20 Grad Kerntemperatur kühlen. Die Zuluft erreicht beim Frosten Extremwerte von –30 bis –40 Grad und bleibt auf diesem Niveau, bis der Kern –20 Grad erreicht hat, dann schaltet das Gerät auf Halten. Die Industrie hingegen verwendet oft die ultraschnelle «kryogene» Methode mit flüssigem Stickstoff. Daniel Horisberger, Metzger und Koch sowie Kochinstruktor der Küchentechnik-Firma FCC-Hobart, findet «die TK-Fleischqualität gut, wenn man das Fleisch professionell schockfrostet». Bei schonender Tiefkühlung rechnet man mit sieben bis acht Prozent Garverlust. Zum Vergleich: Beim frisch gegarten Fleisch sind es fünf bis sechs Prozent, bei langsam eingefrorenem kann jedoch der Verlust bis 30 Prozent reichen. Auch bei Fisch vermeidet man den Saftverlust, wenn man ihn schockfrostet. Das Tiefkühlen beeinflusst bei diesem Produkt auch den Geschmack: Laut Peter van der Hock vom Fisch-Importeur Stutzer & Co ist frisch gefrorener TK-Fisch besser als bei Null Grad aufbewahrter, weil er weniger Geschmack mit dem Saft verliert. Ausserdem sind alle Verderbvorgänge, die den tranigen Geruch hervorrufen, bei –20 Grad gestoppt.

Langsam auftauen
Beim Einfrieren zählt Geschwindigkeit, aber beim Auftauen ist es umgekehrt: Die gute Praxis heisst «langsam im Kühlraum über Nacht». Forciertes Auftauen verursacht hohen Saftverlust, ausserdem wird das Fleisch zäh. Der Grund liegt in molekularen Veränderungen: Wenn man das Fleisch frostet, scheidet der Saft knapp unter Null Grad zuerst reine Eiskristalle aus und das gelöste Protein konzentriert sich. Bei tieferer Temperatur (und besonders bei schnellem Frosten) gefriert es als Ganzes. Aber beim Auftauen müssen die konzentrierten Proteine das Wasser wieder aufnehmen können – das braucht Zeit. Noch schlimmer als Saftverlust beim Auftauen ist die Vermehrung der Bakterien, wenn man über fünf Grad auftaut.

In der Mikrowelle kann man ein Stück innen und aussen gleichzeitig schnell auftauen, aber nicht ganz gleichmässig. Horisberger rät, «sie nur zur Not zu verwenden». Auf jeden Fall sollte man ein schonendes Gerät einsetzen wie «Panasonic 1848» von Gisi-Handels AG. Es ist mit vier Magnetronen bestückt, die intervallierend über Kreuz arbeiten – im Gegensatz zu Billiggeräten mit nur einem Magnetron. Ein Profigerät taut gleichmässiger auf ohne überhitzte «Hot Spots». Die Einstellung des Gerätes und die Dauer hängen von der Dicke und der Fleischsorte ab. Bruno Gisi rät, «Filets bei 170 Watt auftauen, den Koteletts kann man 340 Watt zumuten». 500 g Fischfilets benötigen sechs bis acht Minuten, ein ganzes Poulet von 1,3 kg 21 Minuten. «Der Saftverlust ist vergleichbar mit dem Auftauen im Kühlschrank», verspricht Gisi. «Vor dem Zubereiten sollte man das aufgetaute Fleisch chambrieren, bis die Kerntemperatur auf 15–18 Grad gestiegen ist. Diese «Ausgleichszeit» soll mindestens gleich lang sein wie die Auftauzeit». Langsam auftauen in der Mikrowelle ist eine akzeptable Lösung, aber man sollte das Auftauen rechtzeitig planen. Denn: wenn es eilt, ist die Versuchung gross, die Mikrowellenleistung zu hoch einzustellen. Nicht nur Saftverlust, sondern auch angegarte Stellen sind die Folge, und das Fleisch wird zäh.

Auch für grosse Mengen
Seit Kurzem gibt es ein neues Profi-Gerät zum raschen Auftauen von grossen Mengen: «Air-o-defrost» von Elektrolux Professional. Es ist auf eine Soll-Temperatur programmierbar, arbeitet mit einer Kernsonde und transportiert die Wärme mittels feuchter Luft von 95–100 Grad. Dadurch trocknet das Fleisch nicht aus, und man vermeidet Hygieneprobleme. «In zwei Stunden erreicht es fünf Grad im Kern», verspricht Fritz Dätwyler von Electrolux Professional, «und es erwärmt sich dank Kühlfunktion nicht weiter». Auftauzeit, Platzbedarf und Gewichtsschwund (fünf Prozent) seien wesentlich kleiner als beim Auftauen im Kühlschrank. Trotz der warmen Luft «gart die Oberfläche nicht an», so Dätwyler, «da die Wärme rasch zum kalten Kern abfliesst». Das «Air-o-defrost» taut sowohl rohes wie gegartes Fleisch gleichmässig auf. Wer aufgetautes Fleisch als «Frischfleisch» verkauft, muss aber darauf hinweisen, dass es nicht zum Tiefkühlen geeignet ist.

Garen ohne Auftauen?
Vor dem Braten sollte man aufgetautes Fleisch chambrieren und trocken tupfen. Aber ein aufgetautes Gros-Pièce würde Horisberger eher bei Niedertemperatur garen als braten: «Es trocknet dadurch an der Oberfläche weniger aus». Oft legen die Gastro-Köche TK-Hamburger direkt vom Tiefkühler auf den Grill – dies ist nur für dünne Stücke eine akzeptable Methode. Aber sehr dicke haben auch ihre Tücken: Eine «ganze TK-Gans sollte man aber nicht ohne aufzutauen langzeitgaren», rät Horisberger. «In der langen lauwarmen Temperaturphase vermehren sich sonst Bakterien ungehemmt». Spezielle TK-Fleischsorten kann man jedoch unaufgetaut garen: Lose gefrorene «individually quick frozen, kurz IQF-Produkte». Solche werden in der Gastronomie beliebter, da sie hohe Convenience bieten. Hergestellt wird IQF z.B. von Gattiker oder Fredag. Bei Fisch und Meeresfrüchten ist IQF schon längere Zeit Stand der Technik. Auf den Verpackungen empfiehlt Gattiker, «das Geschnetzelte nicht aufzutauen vor dem Anbraten». Allerdings tritt dann um so mehr Saft beim Braten aus, je langsamer die Kerntemperatur auf Brattemperatur steigt. Die Pouletbrüstli hingegen soll man «im Kühlschrank antauen», und das Kalbsragout «gefroren anbraten und bei 68 Grad niedergaren». Genau genommen müsste man von «anschmoren» sprechen, da der austretende Saft kein echtes (trockenes) Braten erlaubt.

Vorbehalt bei Bratstücken
IQF-Produkte sind zwar praktisch, trotzdem setzen sich nicht alle Arten in der Gastronomie durch. Die Köche sind skeptisch bei TK-Fleisch, vor allem bei Kalbfleisch. Als Grund geben sie mangelhafte Zartheit an, aber oft halten sie die Empfehlungen nicht ein und garen zu kurz. In der Tat ist IQF-Rinds- oder –Kalbsgeschnetzeltes zwar zum Schmoren geeignet, aber nicht für die A-la-minute-Zubereitung. Ähnlich bei Fisch: van der Hock rät. Fisch «sogar zum Pochieren aufzutauen, da er sonst trocken wird». Beim Fisch kann man aufs Chambieren nach dem Auftauen verzichten, wenn man ihn pochiert. Wenn man ihn aber tiefgekühlt in den Sud legt, scheidet er Protein aus. Eher kann man kleine Meeresfrüchte tiefgekühlt unter die heisse Paella mischen und ziehen lassen. Gut akzeptiert ist IQF-Poulet, eine gutmütige Fleischsorte. Sie duldet mehr Schwankungen beim Zubereiten, ohne zäh zu werden. Vorgängig auftauen ist auch für den ultra-schnellen Induktionsgrill von Hugentobler ratsam. Daniel Haldimann von Hugentobler AG rät generell ab, tiefgekühltes Fleisch direkt auf den Grill zu legen: «Im Einzelfall mag die Qualität gut herauskommen, aber vorgängig aufgetaut wird sie noch besser». Ausnahmen sind die Friteuse, wo bei einem TK-Stück sehr schnell und von allen Seiten gleichzeitig geballte Hitze eindringt. Ebenfalls ein Spezialfall ist der Heissluftofen mit Mikrowellenunterstützung. Rohe TK-Pouletflügel, -Ragoutfleisch oder –Lachstranchen kann man im «Rapid Cook» von Haari AG direkt braten.

Die Logistik ist preisbestimmend
Die mittlere Gastronomie kauft generell mehr TK-Fleisch, als frisches (im Total aller Fleischsorten). Und der Anteil des frischen verliert gemäss Cash&Carry Angehrn CCA jährlich fünf Prozent. Edelstücke wie US-Filet, Lammfilet und Wild gibt es wahlweise frisch oder TK. Aber vor allem Poulet und Schmorfleisch bilden das TK-Angebot des Gastromarktes. Normalerweise verwenden die Gastronomen TK-Fleisch fürs Menü und frisches für à la carte. Der Grund liegt bei den Kosten: TK-Fleisch oder -Fisch ist meistens günstiger als frische Ware dank der risikoarmen Logistik. Der Preisunter-schied beträgt je nach Sorte zwischen fünf und zwanzig Prozent. Frisches Lamm aus Übersee kann zwanzig Prozent teurer sein, wenn es mit Luftfracht transportiert wird. Interessant: IQF ist sogar günstiger als Blockgefrorenes. Der Grund ist die rationellere Herstellweise. IQF kann man gefroren mit einer Hobelmaschine schneiden. Das Blockgefrorene dagegen wird ungefroren geschnitten und nachher gefrostet. Allerdings sieht man den Stücken an, ob sie industriell oder manuell hergestellt wurden. IQF-Geschnetzeltes aus der Industrie ist gröber und kantiger als frisch geschnittenes.

Je nach Fleischsorte hat das TK-Angebot mehr oder weniger Bedeutung: Bei Lamm sowie Schweinsnierstück findet in der mittleren Gastronomie eine Verlagerung vom frischen zu TK statt. Anders beim Schweinskotelett: das frische legt zu und TK stagniert. Bei Kurzbratstücken bevorzugen Gastronomen die Frischqualität. Ausserdem neigt fetthaltiges TK-Schweinefleisch zu Ranzigkeit, wenn es überlagert wird. Rindshack wiederum kauft die Gastronomie vor allem tiefgekühlt, weil das frische leicht verderblich ist. Bei Lamm und Poulet ist generell der TK-Anteil höher, auch bei Wild (abgesehen vom beizekonservierten Pfeffer). Bei Fisch, welcher noch leichter verderblich ist als Fleisch, ist der TK-Anteil noch grösser. Dies gilt vor allem bei Meerfisch, welcher grosse Distanzen bis in die Schweiz zurücklegt. Er wird oft schon auf dem Fangschiff verarbeitet und tiefgekühlt. Laut van der Hock nimmt der TK-Anteil vor allem bei importierten Fischen und Fischfilets zu, und TK-Bestseller sind die IQF-Produkte.

Länger haltbar dank Schnellkühlen
Das Kühlen von Traiteurprodukten nach dem Garen darf man nicht dem Zufall überlassen. Nicht nur der Koch-, sondern auch der Kühlprozess beeinflusst hygienische Sicherheit, Haltbarkeit und Qualität. Früher liess man frisch Gegartes bei Raumtemperatur stehen, bis es handwarm war, dann stellte man es in die Kühlzelle. Oft dauerte der handwarme Zustand auch länger als nötig. Diese Vorkühlung schont zwar die Kühlzelle, nicht aber die Produkte. Seit einiger Zeit werden Schnellkühler angeboten, welche sogar heisse Produkte in 90 Minuten auf drei Grad Kerntemperatur kühlen. Die kritische Temperaturzone von 65 Grad bis 10 Grad wird derart schnell durchquert, dass sich kaum Bakterien vermehren können. Wenn die Produkte nicht dicker als fünf Zentimeter sind, erreicht auch der Kern nach maximal 90 Minuten drei Grad. Dieser forcierte Temperatursturz ist in der Schweiz zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, gilt aber als «gute Herstellpraxis». Die Schweizer Hygieneverordnung legt hingegen Keimzahl-Toleranzwerte für erhitzte und gelagerte Produkte fest. Schnellkühler besitzen starke Gebläse, welche die Kaltluft gleichmässig verteilt. Die indirekte Luftführung schont die Produkt-Oberfläche im Gegensatz zum direkten «Anblasen». Die Temperatur wird präzis geregelt, um Anfrieren zu vermeiden. Der Luftstrom darf nicht zu schwach sein, sonst dauert der Kühlprozess zu lange. Es darf auch nicht zu stark sein, sonst trocknen unverpackte Produkte aus. Das Gewicht garheisser Produkte schwindet nur um fünf bis acht Prozent, beim Vorkühlen durch Stehenlassen wesentlich stärker.

Die harte oder weiche Art?
Ob man ein Produkt schonend kühlen muss oder mit voller Kraft kühlen kann, hängt von der Art des Produktes ab. Empfindliche Produkte wie Terrinen müssen «soft» gekühlt werden – bei «hard» würden sie anfrieren. Während des Soft-Prozesses wird die Zuluft allmählich kälter. Der «echte» Soft-Prozess besitzt eine intelligente Regelung, welche die Kerntemperatur misst und die entsprechende Kaltluft-Temperatur einstellt. Sobald der Kern drei Grad erreicht hat, schaltet das Gerät auf Halten. Das Soft-Programm funktioniert auch ohne Kernfühler. Die Regelung reagiert dann auf den eingebauten Luftfühler. Das Dampfkondensat gefriert nicht aus und muss daher nicht abgetaut werden. Robuste und kompakte Produkte wie Bratenstücke oder Gulaschsuppe kann man mit voller Kraft schockkühlen. Beim Hard-Prozess rauscht die Zuluft zu Beginn mit –20 Grad und hoher Geschwindigkeit auf die heisse Speise. Die Kerntemperatur fällt rascher als bei Soft. Bevor die Oberfläche Frost ansetzt, wird die Zuluft-Temperatur angehoben. In den letzten 20 bis 30
Minuten erreicht die Zuluft wie bei «Soft» null bis drei Grad. Das Dampf-Kondensat gefriert bei diesem Prozess aus und muss abgetaut werden. Beide Varianten benötigen etwa gleich viel Energie. Beim Hard-Prozess wird die Endtemperatur von drei Grad meistens rascher erreicht, beim Soft hingegen ist die Regelung anspruchsvoller. Beide Prozesse nacheinander sind oft auch möglich.

Gefahren beim Lagern
Während der Lagerung im tiefgekühlten Zustand muss die Temperatur konstant bei
–20 Grad oder besser noch tiefer bleiben: Schwankungen sind unerwünscht, da sie die Eiskristalle vergrössern. Bei jeder Schwankung wachsen die Grossen – wie überall auf der Welt – auf Kosten der Kleinen. Ausserdem fördern sie den Gefrierbrand (denaturiertes Protein), vor allem bei IQF-Produkten, die Luft zwischen Produkt und Verpackung aufweisen. Besonders wichtig ist eine feuchteundurchlässige Verpackung, ebenfalls um das langsame Gefriertrocknen zu verhindern. Und die Lagerdauer hat ihre Grenzen: Auch bei Minustemperaturen werden ungesättigte Fette langsam ranzig.

Achtung vor Phosphaten im Tiefkühl-Fleisch
Die Hersteller glasieren Fisch oder Meeresfrüchte oft mit Eis, angeblich um den Gefrierbrand zu vermeiden. Dieses Eis kauft man zum Fleischpreis und es summiert sich beim Auftauen mit dem austretenden Saft zu einem hohen Verlust. Und wenn die Industrie Fisch oder Crevetten mit den erlaubten Phosphaten behandelt, nehmen sie bis 16 Prozent Wasser auf. Spätestens in der Pfanne geben sie es wieder ab. Man achte daher auf die Deklaration der Zusatzstoffe.

Todsünden beim Tiefkühl-Handling
• Langsam einfieren
• In Blöcken einfrieren
• Schnell auftauen
• Ein zweites Mal einfrieren



© Suuretaler Metzgli

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