Was ist Absinth?

1. Einleitung

Absenta ist eine Spirituose mit Wermut (Artemisia absinthium). Aus der Antike als Heilmittel bekannt, wurde sie ausgehend vom schweizerischen Val-de-Travers in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mitteleuropa zur Volksdroge. Beliebt war die Grüne Fee vor allem bei Künstlern wie Van Gogh, Baudelaire, Rimbaud , Verlaine, Hemingway und Picasso. Anfang des 20. Jahrhunderts aber wurde Absinth in weiten Teilen Westeuropas verboten. Nur in Spanien überlebte es in kleinen Destillerien. Wermuth ist eine bitter schmeckende Pflanze. Der psychoaktive Bestandteil ist Thujon (Tanaceton), ein Neurotoxin. Absinth ist eine mit Matzeraten des Wermutkrautes hergestellte Spirituose, mit Zusätzen von Sternanis, Fenchel und anderen Kräutern. Charakteristisch für Absinth ist, dass bei der Verdünnung mit Wasser oder Eis eine milchige Trübung erfolgt. Jedes Land entwickelte eine eigene Absinthvariante: so z.B. in Tschechien mit Pfefferminze, ohne Anis und Fenchel. In der Schweiz wurde er mit Melisse, Ysop oder Angelikawurzel getrunken, in Frankreich auch mit Koriander.

2. Die Geschichte des Absinth

Schon in der Antike wurde Wermut für medizinische Zwecke als Magentherapeutikum verwendet. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde es zu einem modischen Anregungsmittel, da es Menschen in einen Rauschzustand versetzen konnte. Leider hatte es einen bitteren, sehr herben Geschmack. Im Jahre 1769 erschien im schweizerischen Neuchâtel eine Zeitungsannonce, die für das Elixier «Bon Extrait d’Absinthe » warb. Dahinter verbarg sich eine Kreation der beiden Schwestern Henriod, die aus Alkohol, Wermut, Anis, Zitronenmelisse und weiteren Kräutern ein belebendes Allheilmittel gebraut hatten. Dr. Ordinaire, ein französischer Revolutionsflüchtling, übernahm die Rezeptur und verbreitete das Mittel.

Kurz vor der Jahrhundertwende handelte Henri Dubied den Henriod-Schwestern das Geheimrezept ab und errichtete wenig später mit seinem Schwiegersohn Henri-Louis Pernod die erste Absinthdestillerie. Pernod begann 1805 mit seiner eigenen Produktion im französischen Pontarlier. Während der nächsten 40 Jahre fand Absinth in Frankreich allerdings kein überragendes Interesse, so dass die Fabrik in dieser Zeit gerade einmal 400 Liter am Tag verliessen. Zum grossen Durchbruch verhalf dem Absinth der Krieg, den Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts in Algerien führte. Ob nur zur Bekämpfung von Mikroben oder gar zur Steigerung der Kampfmoral, die Truppen erhielten Absinthrationen, und als sie dann nach Frankreich zurückkehrten, machten sie Absinth dort schnell populär. Pernod konnte die Produktion auf 20'000 Liter am Tag steigern und dann bis Ende des Jahrhunderts noch einmal verfünffachen. In Pontarlier gab es zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 20 Destillerien, und Absinth hatte mit amerikanischen Metropolen wie New York, Chicago, San Francisco und New Orleans, mit Buenos Aires, Madagaskar, Indochina und Tahiti fast alle Teile der Welt erreicht. Unübertroffen jedoch blieb der Erfolg des Absinths in Frankreich. Dort stiegen im späten 19. Jahrhundert die Weinpreise und der Preis für Absinth fiel; es wurde so populär wie nirgends sonst auf der Welt. Für Alkoholisches waren die Franzosen ohnehin offen, und nun trank man zu jeder Tageszeit Absinth. Am Nachmittag, während die Engländer an ihren Teetassen nippten, füllten sich die Cafés, in den Gläsern schimmerte es grünlich, la fée verte zauberte einen Glanz auf die Augen und weckte den Esprit. Diese dem Absinth geweihte Stunde hiess schon bald l’heure verte. Den grössten Zuspruch fand Absinth seit jeher bei Künstlern, Intellektuellen und Bohemiens. Diese tranken ihn nicht nur bei jeder Gelegenheit, sondern experimentierten mit seiner Wirkung, liessen sich vom Rausch inspirieren, gaben sich der Wahrnehmungsveränderung hin. Zu den namhaftesten Absintheuren zählten Baudelaire, Manet, Verlaine, Rimbaud, Oscar Wilde, Degas, Toulouse-Lautrec, van Gogh, Gauguin und Picasso. Von der Beliebtheit, deren sich Absinth in diesen Kreisen erfreute, zeugen zahlreiche Anekdoten und Legenden sowie die vielen Gemälde und Gedichte, die den Absinth zum Sujet haben:

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Absinth in fast allen europäischen Ländern verboten, da er Absinthepilepsie und verstärkten Hang zu Selbstmord und Wahnsinn verursache. Das Absinthverbot, erklärtes Ziel der "Blaukreuzer" (Alkoholgegner) lebte einzig aus nur teilweise beweisbaren Behauptungen. Vielmehr war es ein Politikum. Anfang des 20. Jahrhundert. stiegen die Weinpreise und die Absinthpreise sanken. Der Weinindustrie war Absinth ein Dorn im Auge. Letztlich wurde ein grausamer Mord in Lausanne, den Jean Lanfray, ein notorischer Trinker, an seiner Familie verübte zum Aufhänger genommen. Obwohl bekannt war, dass der "Absinthmörder" täglich bis zu 5 Liter Wein konsumierte und in der Tatnacht zum krönenden Abschluss lediglich 2 Gläser Absinth getrunken hatte, wurde damit eine Volksbewegung gegen Absinth losgetreten. Absinth wurde den Rauschmitteln gleichgestellt, wobei das dem Wermutkraut innewohnende Neurotoxin Thujon durchaus Drogencharakter haben kann. Da zur Herstellung von Absinth häufig minderwertiger Alkohol verwendet wurde, war die sogenannte Absinthblindheit kein Wunder. In einer Volksabstimmung hiessen die Schweizer Stimmbürger 1908 eine Initiative, die ein Verbot der grünen Fee forderte, gut. Dem Absinthverbot folgten unter anderem 1914 Frankreich und 1923 Deutschland. Ungeachtet dessen lebte die grüne Fee weiter. Im Val-de-Travers werden bis heute jährlich ca. 15'000 Liter Absinth schwarz gebrannt. Zwischenfälle gab es keine. Wenn auch Herstellung, Transport und Verkauf bestraft werden, besitzt dort fast jeder Haushalt die grüne Fee. In einigen Ländern, z.B. Spanien gelang es dem Absinth zu überleben. Pernod veränderte die Rezeptur und das Produkt wurde weiter als Anisgetränk - ohne Wermut - verkauft. Bekannte Nachfolgeprodukte: Pastis, Anisette, Herbe de Sante und Sambuca.

3. Wirkung und Rituale

Schon früh hatte man bemerkt, dass Absinth das Gemüt auf eine ganz besondere Weise stimulierte, auf eine Weise, wie andere Alkoholika oder vergleichbare medizinische Substanzen es nicht zu tun pflegten. Bedingt durch die psychoaktive Wirkung von Thujon, einem Inhaltsstoff des Wermutextrakts, ist die Wirkung von Absinth gleichermassen berauschend, euphorisierend, anregend und stimulierend. Sie resultiert aus dem Zusammenspiel von hohem Alkoholgehalt und Thujon. Bei den vormals sehr hohen Thujonmengen soll er sogar eine halluzinogene Kraft entfaltet haben. Angesichts der Ähnlichkeit in der Molekularstruktur zwischen Thujon und THC, dem Wirkstoff der Cannabispflanze, ist dies nicht erstaunlich. Oskar Wilde schilderte die Wirkung einmal so: Das erste Stadium ist wie normales Trinken, im zweiten fängt man an, ungeheuerlich grausame Dinge zu sehen, aber wenn man es schafft, nicht aufzugeben kommt man in das dritte Stadium, in dem man Dinge sieht, die man sehen möchte, wundervolle sonderbare Dinge.

                        

Man gebe Deva Absente in ein Glas. Einen speziellen Absinthlöffel oder eine Gabel mit Zucker wird in Absinth getränkt und angezündet. Sobald der Zucker Blasen wirft oder karamelisiert, den Löffel in den Absenta tauchen und löschen. Sofort mit eiskaltem Wasser im Verhältnis 50:50 mischen, auf dass sich der Alkohol im Glas nicht noch einmal entzündet. Oder man geniesst Absinth pur mit Eis oder einfach mit eiskaltem Wasser. Alternativ kann man auch Hemingways Lieblingscocktail DEATH IN THE AFTERNOON probieren: Dazu schenkt man 4 cl Absinth in ein Champagnerglas ein, gibt zwei Eiswürfel dazu und giesst das ganze Glas mit Champagner auf.

4. Schlusswort

Seit 1998 ist Absinth auf dem Gebiet der ganzen Europäischen Union mit begrenztem Thujongehalt wieder zugelassen worden; die Schweiz folgte erst kürzlich. Diverse Firmen bieten entsprechende Getränke an. Selbstverständlich ist die einzigartige Wirkung von Absinth dabei nicht verlorengegangen, denn der Wirkstoff Thujon ist bereits bei geringsten Mengen psychoaktiv. Neueste Erkenntnisse von Wissenschaftlern bezweifeln im Übrigen, dass der frühere hohe Thujongehalt in Absinth problematisch war. Ihrer Auffassung nach wurden die Folgeschäden durch den hohen Alkoholgehalt bzw. minderwertigem Alkohol verursacht. Trotzdem ist aber wie bei allen Drogen äusserste Vorsicht geboten, denn nicht alle Menschen vertragen diese gleich gut.

 


© Suuretaler Metzgli

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