GORGONZOLA: EINER WIE KEINER

Spezialität Der Blauschimmelkäse spaltet die Geister: Entweder man liebt ihn heiss oder kann ihn nicht ausstehen. So oder so hat er eine spannende Geschichte zu bieten.

Wenn’s in einem Badezimmer schimmelt, ist das eine eklige und ungesunde Angelegenheit. Bei einer Salami, einem Camembert oder Dessertwein ist eher das Gegenteil der Fall. Ohne Schimmel kein authentischer Genuss gilt bei diesen Leckereien. Tatsache ist aber, dass diese Lebensmittel ihre Existenz bestimmten einzelligen Pilzen verdanken. Auch die sogenannten Blaukäsesorten wie Roquefort, Gorgonzola und Stilton wären ohne Schimmel nicht das, was sie sind. Geschmacklich, aber auch optisch: Denn die kleinen blau-grünen Einsprengungen entstehen erst durch die Zusammenarbeit von Mensch und einer Penicillinart. Penicillin? Genau! Es handelt sich tatsächlich um jenen Schimmelpilz, dessen antibiotische Wirkung 1928 vom späteren schottischen Nobelpreisträger Alexander Fleming entdeckt wurde.

Schimmel, hilf! Wie bei anderen Käsesorten werden auch für die Produktion von Blauschimmelkäse pasteurisierte Milch, Gärmittel und Lab benötigt. Speziell ist jedoch, dass in diesem Fall noch Penicillinsporen ins Spiel kommen. Im Unterschied zu vielen anderen Schimmelpilzen, die den Käse verderben würden, verleihen diese Gorgonzola und Co. einen intensiveren Geschmack und unterstützen zudem die Reifung. Damit der Pilz gedeihen und die charakteristische Maserung bilden kann, muss der Käser jedoch etwas nachhelfen: Während der Reifung werden die Gorgonzola-Laibe mit grossen, aus Edelstahl oder Kupfer angefertigten Metallnadeln durchbohrt. Auf diese Weise gelangt Luft in den Käse und die Sporen können atmen und wachsen. Obwohl ein alter Name des Gorgonzolas – «erborinato» – nahelegt, dass für dessen Herstellung auch pflanzliche Zutaten verwendet werden, täuscht dies: Die Bezeichnung leitet sich zwar von «erborin» ab, was im Lombardische «Petersilie» bedeutet. Sie nimmt jedoch allein auf die Form und die Farbe der Schimmelsprenkel Bezug. Heute werden im Italienischen grundsätzlich alle Sorten von Blauschimmelkäse als «erborinati» bezeichnet. Hergestellt wird die etwas streng riechende Delikatesse übrigens nicht nur in der namensgebenden Stadt, auch Teile der Lombardei und des Piemont, Orte wie Como, Cremona, Monza und Novara gehören dazu.

Müde Kühe aus dem Flachland Gorgonzola gehört zu den frühesten Vertretern seiner Gattung und wird schon seit über tausend Jahren (!) hergestellt: Die erste Erwähnung des Käses findet sich in einem Dokument von 879. Damals war es üblich, die Rinder, die auf dem Flachland der Provinz Mailand weideten, über den Sommer auf die Alpweiden zu bringen. Die Milch, welche die Kühe nach ihrer Ankunft auf der Alp gaben, wurde für die Herstellung des Stracchino verwendet, einer (schimmelfreien) Käsesorte. Der Name ist nicht zufällig gewählt: Im regionalen italienischen Dialekt heisst müde «stracco»–und das waren die Kühe nach ihrer langen Wanderung. Häufig geschah es auch, dass die Gallerte, die aus der am Abend gemolkenen Milch zubereitet worden war, mit der Gallerte aus der am darauffolgenden Morgen gemolkenen Milch vermengt wurde. Da sich die beiden Gallerten aufgrund der unterschiedlichen Temperaturen nicht gleichmässig vermengen liessen, entstanden in der Käsemasse Risse. Wenn dann Schimmelsporen ihren Weg in die Masse fanden, konnten sie in diesen Rissen wachsen und sorgten so für die Entstehung der typischen Maserung. Ob es nun dem feinen Geschmackssinn eines kundigen Käsers zu verdanken war oder der Skrupellosigkeit eines schlauen Händlers, der auch einen mit Schimmel versetzten Käse an den Mann zu bringen wusste: Die Geschichte des Erborinato wurde zu einer Erfolgsstory. Die Krönung der Geschichte kam 1955. In diesem Jahr erhielt der Käse die offizielle Bezeichnung Gorgonzola DOP. l

WEIT VERBREITET: BLAUSCHIMMELKÄSE

Italien Gorgonzola = Castelmagno

England Stilton = Shropshire Blue

Schweiz = Bleuchâtel

Spanien = Cabrales Valdeon

Frankreich = Roquefort Bresse bleu Saint Agur

Irland = Cashel Blue

Dänemark = Danablu

GAUMENFREUDE: KÄSE FÜR GENIESSER

Gorgonzola ist neben dem Roquefort aus Frankreich der berühmteste Blauschimmelkäse der Welt. Er gehört neben Mozzarella und Granapadano/Parmesan zu den beliebtesten italienischen Käsesorten. Kulinarisch hat Gorgonzola einiges zu bieten. Beispielsweise kann man ihn hervorragend mit Spargel oder Spinat kombinieren, ihn mit Frischkäse zu einem Dip verarbeiten oder in Rahm erhitzt und pikant gewürzt als Pastasauce servieren. Wer nicht gross kochen mag, geniesst ihn pur.

Viele schwärmen dabei von der Kombination von Gorgonzola und Vin Santo oder aber Nebbiolo. Übrigens: Die Rinde ist nicht zum Verzehr geeignet. Aufbewahrt wird Gorgonzola am besten in Alufolie eingewickelt im Kühlschrank. Damit er sein Aroma entfalten kann, sollte er jeweils eine halbe Stunde vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank genommen werden.

CARPACCIO MIT GORGONZOLA-CREME

Für 4 Personen; Vor- und Zubereitungszeit: ca. 10 Min.

Zutaten:

240 g Rindscarpaccio

40 g Rucola

40 g Walnüsse, grob gehackt

Für die Sauce:

150 g Gorgonzola

1 dl Halbrahm

wenig Pfeffer

Zubereitung:

Gorgonzola in Stücke schneiden und zusammen mit dem Halbrahm in einem Topf auf kleiner Flamme schmelzen. Pfeffern und abkühlen lassen.

Das Carpaccio auf vier Tellern anrichten, Sauce und Rucola darauf verteilen und mit den Nüssen garnieren. Dazu passen: Grissini oder Baguette

 


© Suuretaler Metzgli

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